#beziehungsweise Chanukka
Zwischen Pessach und Ostern oder auch zwischen Schawuot und Pfingsten besteht eine historische Verbindung. Die zeigt sich in Ähnlichkeiten im Brauchtum, vor allem auch im Datum, an dem die Feste gefeiert werden.
Anders ist es bei Chanukka und Advent bzw. Weihnachten. Sie haben von ihrem Ursprung nichts miteinander zu tun. Dass sie dennoch beide in den Dezember fallen, und dass bei beiden Lichterbräuche im Mittelpunkt stehen – ein Zufall? Brauchtums- und Religionswissenschaftler haben verschiedene Erklärungen, welcher Brauch hier welchen beeinflusst hat. Aber Lichter in der dunklen Jahreszeit sind einfach ein sprechendes Symbol.
Die Geschichte wird erzählt in den beiden Makkabäerbüchern im Alten Testament. Die Mitte des 2. Jahrhunderts vor Christus war eine schlimme Zeit für das jüdische Volk. Die Seleukiden, einer der Diadochenstaaten, die sich nach dem Tod Alexanders des Großen bildeten, eroberten nach und nach den vorderen und mittleren Orient, so auch das Gebiet des heutigen Israel.
Die Makkabäerbücher schildern, wie die Fremdherrscher das Judentum zunehmend unter Druck setzen. Zunächst ist es ein sanfter Druck: griechische Kultur wird eingeführt, angefangen bei der Kleidung (der „griechische Hut“, 2 Makk 4,12) bis zur Errichtung einer Sportschule (eines „Gymnasion“) direkt unterhalb des Tempels. Wenn man bedenkt, dass die Griechen beim Sport nackt waren, versteht man, welche Provokation das für die Frommen war – wobei die Bibel sozusagen kopfschüttelnd anmerkt, dass die Priester die Tempelopfer vernachlässigten und stattdessen auf den Sportplatz gingen, „um an dem Spiel, das vom Gesetz verboten war, teilzunehmen” (2 Makk 4,14).
Doch der Druck nahm zu: Die Seleukiden setzten Männer ihres Vertrauens als Hohepriester ein, Beschneidung und der Besitz von Torarollen wurden verboten, wer dagegen verstieß, riskierte sein Leben. Höhepunkt der Unterdrückung war die Entweihung des Tempels: Eine heidnische Götterstatue (der „Gräuel der Verwüstung”, 1 Makk 1,54) wurde im Allerheiligsten aufgestellt und die Menschen wurden gezwungen, sie zu verehren.
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Unter der Führung eines gewissen Mattatias und seiner Söhne formierte sich gewaltsamer Widerstand. Nach dem Tod des Vaters wird einer der Söhne, Judas, zum Anführer: Sein Beiname „der Makkabäer” (von dem Wort makkaba = Hammer) gibt später der ganzen Bewegung den Namen. Es gelang den Widerstandskämpfern tatsächlich, den Tempel und ganz Jerusalem zurück zu erobern und die Besatzer zu vertreiben.
Die ökumenisch verantwortete Kampagne „#beziehungsweise –jüdisch und christlich: näher als du denkst“ möchte dazu anregen, die enge Verbundenheit des Christentums mit dem Judentum wahrzunehmen. Weitere spannende Beiträge, Informationen und Artikel gibt es auf der Website zu entdecken.
Mit diesem Sieg ist eine Legende verknüpft: Das geweihte Öl in der Menora, dem siebenarmigen Leuchter im Tempel, drohte auszugehen. Was wäre das für ein Zeichen, war doch das „ewige Licht” Symbol für die Anwesenheit Gottes. Doch auf wunderbare Weise brennen die paar Tropfen Öl so lange, bis nach acht Tagen neues Öl zur Verfügung stand.
Zur Erinnerung wird an Chanukka ein achtarmiger Leuchter entzündet, und zwar an jedem der Festtag eine Kerze mehr. So eine „Chanukkia“ kann die Form einer Menora (des siebenarmigen Leuchters) haben oder auch eine ganz andere. Und sie besitzt einen neunten Arm, den „Diener”. Der dient aber nur dazu, die anderen Kerzen anzuzünden.
Im Johannesevangelium (10,22) erfahren wir übrigens, dass auch Jesus dieses Fest mitgefeiert hat.
Die Grundidee von Chanukka, die Erinnerung an einen für unmöglich gehaltenen Sieg, kommt sehr schön in der Geschichte „Der Sieg der Menora“ zum Ausdruck:
Und noch etwas gehört zu diesem Fest: das Spiel mit dem Dreidel. Möglicherweise ist es eines der ältesten Spiele der Welt. Der Dreidel ist ein Drehkreisel; auf seinen vier Seiten steht jeweils ein hebräischer Buchstabe, der für den hebräischen Satz "nes gadol haja scham" (übersetzt: „Ein großes Wunder geschah dort") steht. Die Seite des Kreisels, die nach dem Drehen nach oben zeigt verrät, ob man gewonnen oder verloren hat oder aussetzen muss.
Auch wenn Chanukka und Advent bzw. Weihnachten also ganz verschiedene Ursprünge haben – beide Feste feiern den Sieg des Lichts über das Dunkel, den Sieg des Guten über Hass und Gewalt.
Friedrich Bernack