#beziehungsweise Pessach
Pessach ist nicht nur das jüdische Fest, das bei Christen am bekanntesten ist. Auch für viele Juden ist es das wichtigste und schönste Fest im ganzen Jahr. Selbst viele säkulare Juden feiern wenigstens das Sedermahl (das feierliche Mahl am ersten Abend des Festes). Und die Verbindung zu einem christlichen Fest ist hier am deutlichsten: zu Ostern. Anders als Weihnachten wird Ostern nicht an einem festen Datum gefeiert, sondern am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn. Der Grund: Pessach wird am ersten Frühlingsvollmond gefeiert. Und da nach der Überlieferung der ersten drei Evangelien Jesus mit seinen Jüngern am Tag vor seinem Tod das Pessachmahl feiert, war der Tag der Auferweckung eben der Sonntag danach.
Um Christen das Pessachfest näher zu bringen, wurde deshalb eine Zeitlang in vielen Gemeinden das Sedermahl „nachgespielt“. Es gab dafür sogar offizielle Vorlagen von Seelsorgereferaten. Gut gemeint ist aber nicht immer gut getan. Es spricht viel gegen solche „christlichen Sederfeiern“. Zum einen sind sie ein Anachronismus, da die Form, wie Juden heutzutage Pessach begehen, erst Jahrhunderte nach der Zeit Jesu entstanden ist. Zum anderen wird es heute von beiden Seiten als unsensibel, ja übergriffig gesehen, wenn Mitglieder einer Religion das Fest einer anderen „nachspielen“.
Und dennoch ist es für Christen sinnvoll und wichtig, mehr über Pessach zu wissen, weil viele Elemente in christlicher Liturgie und Brauchtum wiederbegegnen.
An Pessach wird die Befreiung aus Ägypten gefeiert: Gott zeigt sich als Retter, er steht auf Seite der Schwachen, die von einer Großmacht drangsaliert werden. Deshalb ist die Erzählung vom Exodus in der Feier der Osternacht als Lesung vorgesehen, die nicht ausfallen darf. Überhaupt orientiert sich die Auswahl der Lesungen an einem Targum, einer frühjüdischen Schrift. Das Exsultet und andere Gebete nehmen Bezug auf die Befreiung der Israeliten und den Durchzug durchs Schilfmeer. Die Liturgie zieht eine Linie von der Erlösung aus ägyptischer Sklaverei zur Erlösung durch Jesus Christus.
Die Botschaft von einem Gott, der den Menschen aus der Not rettet, gehört zum Kern des christlichen Glaubens. Studien machen jedoch deutlich, dass dies bei den Menschen auf kein echtes Bedürfnis mehr stößt. Der Glaube an einen Gott, der befreit, ist für die Menschen nicht mehr notwendig. Wo liegen die Gründe für diese Krise der christlichen Kernbotschaft?
An Pessach erinnert man sich aber nicht einfach an den Exodus. Er wird „vergegenwärtigt“. In der Pessach-Haggada, in der der Ablauf der Feier aufgeschrieben ist, heißt es: Jede und jeder soll sich sagen: Ich selbst bin damals von Gott aus Ägypten befreit worden. Die Exoduserzählung wird mit ganz persönlichen Erfahrungen von Not und Befreiung, von Angst und Erlösung verknüpft. Ganz ähnlich erinnern sich Christen in jeder Eucharistiefeier nicht nur an das Abendmahl, an Tod und Auferstehung Jesu, sondern dies alles wird nach christlichem Glauben gegenwärtig.
Zum Seder gehört die Lesung der Exodusgeschichte, viele Gebete und Lieder, und darin eingebettet das festliche Mahl, dessen Elemente genau festgelegt sind:
Ungesäuertes Brot, sogenannte Mazzen (man erkennt die Verbindung zu den Hostien, die ja auch aus ungesäuertem Teig sein müssen); bittere Kräuter zur Erinnerung an die bittere Zeit der Sklaverei (in unserer Gegend wird gerne Meerrettich/Kren genommen – ganz ähnlich wie in vielen Osterkörben); grüne Kräuter und Eier als Zeichen des neuen Lebens; Charoset, ein Mus aus Früchten, Gewürzen und Rotwein, das an den Lehm erinnern soll, aus dem die israelitischen Sklaven Ziegel brennen mussten; Fleisch, gerne Lamm (man denke an das „Lamm Gottes“), wobei seit der Zerstörung des Tempels ein Stück Knochen als Zeichen der Trauer auf dem Teller liegt. Und natürlich Wein – vier Becher gehören zum Ritus. Ein spezieller Weinbecher heißt „Becher des Elija“: Nach jüdischer Überlieferung wird Elija an einem Sederabend als Vorbote des Messias wiederkommen. Deshalb wird beim Seder ein Gedeck für ihn bereitgestellt. Pessach richtet den Blick also auch nach vorn. Ähnlich wie unser Gebet nach den Einsetzungsworten: „…bis du wiederkommst in Herrlichkeit.“
Ein Seder dauert mehrere Stunden und geht oft bis tief in die Nacht. Auch das eine Parallele zur Feier der Osternacht, die ja früher (und in manchen Gemeinden auch heute wieder) mit einer Nachtwache verbunden ist.
Die ökumenisch verantwortete Kampagne „#beziehungsweise –jüdisch und christlich: näher als du denkst“ möchte dazu anregen, die enge Verbundenheit des Christentums mit dem Judentum wahrzunehmen. Weitere spannende Beiträge, Informationen und Artikel gibt es auf der Website zu entdecken.
Wer mehr über die Ähnlichkeit zwischen der Liturgie der Osternacht und jüdische Überlieferungen wissen möchte, wird hier fündig.
Unterlagen des liturgischen Instituts der Schweiz in FribourgDie Lesung aus Ex 14 wird immer wieder in Frage gestellt, weil sie nach dem Empfinden vieler Menschen das Bild eines gewalttätigen Gottes vermittelt – ein Problem, das viele Bibeltexte aufwerfen. Eine Hilfe zum Verstehen bietet die Einführung in die Liturgie der Osternacht.
Katholisches Bibelwerk e. V. - Lesung OsternachtOft verwendet man für das Sedermahl ein besonderes Geschirr, etwa den Sederteller für die rituelle Speisen.
Artikel zu Pessach der Jüdischen AllgemeinenWer die Speisen probieren möchte: Charoset: Das Obstmus versüßt das jüdische Sedermahl
Zum RezeptWer mehr wissen möchte, einschließlich einem Rezept für „Gefilte Fisch“, ebenfalls eine zu Pessach beliebte Speise.
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