Mit unserem aktuellen Saisonthema möchten wir Sie inspirieren und stärken, um neue Perspektiven zu entdecken, manches neu zu denken und neu zu gestalten. So kann es gelingen, neue Wege in ein zuversichtliches Leben zu beschreiten. Lesen Sie Reflexionen von Dr. Claudia Pfrang.
Wie blicken Sie in die nächsten Wochen und Monate? Was gibt Ihnen Mut, die Aufgaben und Herausforderungen der kommenden Zeit beherzt anzugehen? Viele Menschen blicken eher pessimistisch auf die Zukunft. Man mag den Worten nicht vertrauen, die Omikron etwas Gutes abgewinnen und vom Anfang einer endemischen Lage sprechen. Es liegt ein Schleier von Melancholie über dieser unsicheren Zeit.
Ganz ehrlich: Obwohl ich ein durch und durch positiver Mensch bin und das Glas immer halbvoll sehe, bin ich mit Blick auf die Zukunft nicht immer optimistisch. Vermehrt stelle ich mir die Frage, wie es uns als (Welt-)Gesellschaft gelingen soll und kann, dass wir in fünf Jahren die Megaherausforderung des Klimawandels wirklich angegangen sind. Auch die derzeitige kirchliche Situation ist eher zum Davonrennen als zum Bleiben.
Diese Beobachtungen korrespondieren mit den Erkenntnissen der Zukunftsstudie des rheingold Instituts. Die Pandemie, Umweltkatastrophen und damit der immer greifbarer werdende Klimawandel sowie veränderte Arbeitsanforderungen hinterlassen deutliche Spuren: Menschen empfinden ihr Leben als anstrengend, chaotisch und stressiger als früher. Sie sind zutiefst verunsichert, sehen den Boden unter ihren Füßen wanken. Dies führt dazu, dass sie sich zunehmend in ein Schneckenhaus oder eine „Krisen-Trutzburg“ zurückziehen und eher versuchen, im Hier und Jetzt zu leben. Dadurch wird der Veränderungsdruck eher verdrängt.
Während die Deutschen, so die Studie, an das Machbare denken und sich eher Veränderungen in kleinen Schritten wünschen, um nicht Gewohnheiten und Sicherheiten zu verlieren, gerät dabei das Mögliche aus dem Blick. Die Studie nennt das „Machbarkeits-Dilemma“: „Sicherung des Bestehenden und Umsetzung des Machbaren“, aber „Schockstarre beim Gedanken an das Unschaffbare“.
Es ist ein Dilemma, das viele Menschen spüren: Veränderung ist notwendig, aber der Blick in die Zukunft lässt eher Pessimismus aufkommen als den Wunsch, das große Rad zu drehen. Dennoch ist für viele der eigene Nahbereich zu einer Möglichkeit geworden, nicht nur etwas zu tun, sondern – und das ist noch viel wertvoller – sich als selbstwirksam zu erleben. Durch Corona haben viele Menschen eigene Potenziale und ihre Kreativität neu entdeckt. Sie haben Beziehungen gestärkt. Und nicht zuletzt hat das Engagement vieler Gruppierungen gezeigt, was man in aussichtslosen Situationen entgegensetzen kann.
Das Gefühl zu haben, im eigenen Umfeld etwas verändern zu können, allein oder mit Gleichgesinnten, kann für die Zukunft eine Spur sein: „Die neue Fokussierung auf den Nahbereich hat das Potenzial, im Sinne einer Graswurzel-Bewegung Wirkung im Großen zu entfalten“, bilanziert die Studie. Schließlich ist individuelles Verhalten immer die Grundlage für kollektive Veränderungen. „Ich träume davon, dass man gemeinsam Gutes macht, jeder nach seinen Kräften“, sagt die Philosophin Hilal Sezgin.
Wie können wir trotz aller Megaherausforderungen, die uns manchmal kaum schaffbar vorkommen und angesichts eher verhaltenen Optimismus doch hoffnungsvoll in die Zukunft schauen? Vielleicht blicken wir nicht so sehr auf das halbleere Glas, auf das, was wir nicht haben. Schauen wir mit Dankbarkeit auf all das, was uns geschenkt ist. Das soll nicht übertünchen, was an Herausforderungen vor uns liegt. Aber es kann unseren Blick auf die schönen Seiten des Lebens lenken, das nie nur schwarz oder weiß ist. So kann vielleicht mehr ZukunftsMUT wachsen.
Ihre Claudia Pfrang