#beziehungsweise Schabbat
Die Urlaubszeit ist in Sicht, und nach dem monatelangen Shutdown sieht es tatsächlich so aus, als hätten wir eine Zeit des Aufatmens und Erholens vor uns. Dazu passt ein Blick auf eine ganz zentrale „Institution“ des Judentums: den Schabbat.
Einst wandelte Gott, der Herr, über die Erde, um sich ein Volk zu erwählen. So kam er zu den Römern und fragte sie: Ihr Römer, wollt ihr mein auserwähltes Volk sein?
Die Römer fragten: Was heißt das? Was müssen wir da tun?
Gott erwiderte: Hier habe ich meine Tora. Was darin steht, müsst ihr halten.
Und was steht darin?, wollten die Römer wissen.
Da steht etwa: „Du sollst nicht töten!“
Da winkten die Römer ab: Nein, das ist nichts für uns. Suche dir lieber ein anderes Volk.
So kam Gott zu den Griechen und fragte auch sie: Ihr Griechen, wollt ihr mein auserwähltes Volk sein?
Die Griechen fragten: Was heißt das? Was müssen wir da tun?
Gott erwiderte auch ihnen: Hier habe ich meine Tora. Was darin steht, müsst ihr halten.
Und was steht darin?, fragten die Griechen.
Da steht etwa: „Du sollst nicht die Ehe brechen!“
Da schüttelten die Griechen den Kopf und sagten: Nein, das ist nichts für uns. Suche dir lieber ein anderes Volk.
So kam Gott, der Herr, zu den Juden und fragte sie: Ihr Juden, wollt ihr mein auserwähltes Volk sein?
Die Juden fragten ihn: Was heißt das? Was gibst du uns dafür?
Gott erwiderte: Ich gebe euch dafür das ewige Leben.
Die Juden überlegten und sprachen: Das ist gut, aber hast du nicht etwas, was uns jetzt, in diesem Leben, schon einen Vorgeschmack darauf gibt?
Da sprach Gott: Ja, ich schenke euch den Schabbat!
Da willigten die Juden ein.
Wie wird der Schabbat begangen? Wie bei den Festen, steht auch hier die Feier in der Familie im Vordergrund. Einen schönen Eindruck gibt diese Seite.
Die ökumenisch verantwortete Kampagne „#beziehungsweise –jüdisch und christlich: näher als du denkst“ möchte dazu anregen, die enge Verbundenheit des Christentums mit dem Judentum wahrzunehmen. Weitere spannende Beiträge, Informationen und Artikel gibt es auf der Website zu entdecken.
Diese Geschichte, die in vielen Variationen im Umlauf ist und deren Ursprung ich nicht herausfinden konnte, sagt viel über die Bedeutung des Schabbats. Vielen Menschen fällt ja zu „Schabbat“ als erstes ein, was (streng gläubigen) Jüdinnen und Juden da alles nicht erlaubt ist. Viele Christen denken daran, dass Jesus am Schabbat geheilt hat und dass seine Jünger sich nicht an Schabbatgebote gehalten haben. Bekannt ist das Wort Jesu: „Der Schabbat ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für den Schabbat.“ (Mk 2,27)
Dieses Wort liegt allerdings auf derselben Linie wie die zitierte Geschichte und wie der Ursprung des Schabbatgebots in der Tora. Jesus wollte ja die Tora „nicht aufheben, sondern erfüllen“ (Mt 5,17). Und selbstverständlich ging er am Schabbat in die Synagoge.
Der Schabbat ist in erster Linie Geschenk. Wenigstens einmal in der Woche soll jeder Mensch aufatmen, sich erholen, sich frei fühlen dürfen. „Der Schabbat ist das größte Geschenk Israels an die Welt.“ Noch so ein Zitat, dessen Urheber ich nicht ausfindig machen konnte.
Das Schabbatgebot steht (wie überhaupt der Dekalog, die „Zehn Gebote“) zweimal im Alten Testament: in Ex 20,8ff und Dtn 5,12ff. Begründet wird es einmal mit der Schöpfungsordnung (auch Gott ruhte am 7. Tag), einmal mit der Befreiung aus der Sklaverei. Beides besagt sehr viel: Der Rhythmus von Arbeiten und Ruhen gehört zur Schöpfungsordnung, zum Wesen des Menschen. Und andererseits: Wenigstens einmal alle sieben Tage muss jeder Mensch erleben: Ich bin frei, bin Gottes Ebenbild.
Das Sensationelle am Schabbatgebot: Es gilt für alle! Ausdrücklich werden Sklavin und Sklave genannt, ebenso die Fremden, die also gar nicht zum Volk Israel gehören, ja sogar Ochs und Esel. Diese Vorschrift ist sozusagen die älteste Sozialgesetzgebung der Welt. Und sie ist revolutionär: Man stelle sich vor, ein römischer oder griechischer „Herr“ sollte seinen Sklavinnen und Sklaven einmal pro Woche frei geben.
Das Schabbatgebot war es auch, welches das Judentum in der Diaspora über all die Jahrhunderte zusammengehalten hat. „Nicht die Juden haben den Schabbat gehalten, sondern der Schabbat hat die Juden gehalten.“ Dieses Zitat wird dem jüdischen Schriftsteller Achad Ha’am zugeschrieben.
Was hat es nun mit dem – zumindest scheinbar – so peinlichen Befolgen aller möglichen Verbote auf sich? Weil das Schabbatgebot so eine große Bedeutung hat, wurde es im Lauf der Zeit immer weiter ausdifferenziert. „Am Schabbat sollst du ruhen.“ Was heißt ruhen? „Nichts arbeiten.“ Was heißt arbeiten? „Zum Beispiel eine schwere Last über eine große Strecke tragen.“ Ab wann ist eine Last schwer und was ist eine weite Strecke? Usw. So kommt die Mischna (um 200 n.Chr.) auf 39 Hauptarbeiten, die am Schabbat verboten sind.
Wie streng sich jemand an diese Vorschriften hält, das ist im Judentum nicht anders als bei Christen. So wie nicht jede Christin, jeder Christ regelmäßig den Sonntagsgottesdienst besucht, die Fastengebote hält usw., so gibt es auch im Judentum große Unterschiede. Von den ca. 200.000 Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland ist knapp die Hälfte in Gemeinden organisiert. Und die Gemeinden teilen sich auf in orthodoxe, konservative und liberale bzw. progressive. Grob gesagt: Orthodoxe halten die Gebote am strengsten ein, bei Liberalen ist es in erster Linie die Entscheidung jeder und jedes Einzelnen, Konservative liegen dazwischen.
Man duscht am Freitagabend, wäscht sozusagen den Staub der Woche ab, und zieht sich etwas Besonderes an. Die Wohnung wird aufgeräumt, der Tisch festlich geschmückt. Ein festliches Essen und ein guter Wein gehören dazu. Noch vor Sonnenuntergang zündet die Frau die Kerzen an (in der Regel zwei – es ist ja etwas Besonderes).
Kindheitserinnerungen aus dem Buch "Brennende Lichter" von Bella ChagallViele gehen in die Synagoge zur „Kabbalat Shabbat“, dem Empfang der „Königin Schabbat“. Es ist beeindruckend, wenn sich an einem bestimmten Punkt der Liturgie alle zur Tür umdrehen, um die unsichtbare Königin zu grüßen. Der Samstag wird in Ruhe verbracht, am Vormittag gibt es den großen Gottesdienst.
Eine Besonderheit ist, dass der Schabbat nicht nur einen feierlichen Beginn, sondern auch ein Ritual am Ende hat. Es nennt sich „Hawdala“, die „Trennung“ zwischen Schabbat und der Arbeitswoche. Sie beinhaltet den Brauch, mit den letzten Tropfen Wein eine Kerze auszulöschen. Man kann kaum sinnenfälliger zeigen: Der Festtag ist zu Ende, jetzt geht der Alltag wieder los. Besonders ist auch die dabei verwendete Hawdalakerze. Sie besteht aus sechs ineinander verschlungenen Dochten, die die sechs Wochentage darstellen. Am Ende der Hawdala wird ein Gefäß mit Gewürzen, Kräutern (Besomim) oder irgendeine andere duftende Substanz herumgereicht. Alle sollen noch einmal eine Prise Schabbat mit in die Woche nehmen.
Ein Beispiel für eine HawdalakerzeMan duscht am Freitagabend, wäscht sozusagen den Staub der Woche ab, und zieht sich etwas Besonderes an.
Die Wohnung wird aufgeräumt, der Tisch festlich geschmückt. Ein festliches Essen und ein guter Wein gehören dazu.
Noch vor Sonnenuntergang zündet die Frau die Kerzen an (in der Regel zwei – es ist ja etwas Besonderes).
Viele gehen in die Synagoge zur „Kabbalat Shabbat“, dem Empfang der „Königin Schabbat“.
Es ist beeindruckend, wenn sich an einem bestimmten Punkt der Liturgie alle zur Tür umdrehen, um die unsichtbare Königin zu grüßen.
Der Samstag wird in Ruhe verbracht, am Vormittag gibt es den großen Gottesdienst.
Eine Besonderheit ist, dass der Schabbat nicht nur einen feierlichen Beginn, sondern auch ein Ritual am Ende hat.
Es nennt sich „Hawdala“, die „Trennung“ zwischen Schabbat und der Arbeitswoche. Sie beinhaltet den Brauch, mit den letzten Tropfen Wein eine Kerze auszulöschen. Man kann kaum sinnenfälliger zeigen: Der Festtag ist zu Ende, jetzt geht der Alltag wieder los.
Besonders ist auch die dabei verwendete Hawdalakerze. Sie besteht aus sechs ineinander verschlungenen Dochten, die die sechs Wochentage darstellen.
Am Ende der Hawdala wird ein Gefäß mit Gewürzen, Kräutern (Besomim) oder irgendeine andere duftende Substanz herumgereicht. Alle sollen noch einmal eine Prise Schabbat mit in die Woche nehmen.
Vielleicht lassen Sie sich anregen, den einen oder anderen Brauch zu adaptieren und Ihren Sonntag damit zu gestalten? Auf jeden Fall meine ich, ist die Grundidee des Schabbat äußerst bedenkenswert: ein Tag des Aufatmens. Anstatt über manche allzu kleinliche Auslegung der Schabbatvorschriften den Kopf zu schütteln, sollten wir eher selbstkritisch auf unsere Sonn-, Feiertags- und Urlaubskultur schauen. Nicht alles mit Aktivitäten zuschütten, das Smart Phone mal einen Tag lang ausgeschaltet lassen, mir wirklich Zeit für Muße, Entspannung, aber auch Meditation, Gebet, Bibellesung nehmen.
Wer mehr wissen möchte über das liberale Judentum und über die Schabbatgestaltung, wird hier fündig: