Wir leben nur in der Welt, in der wir tatsächlich leben. Das ist zu akzeptieren. So bringt es der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher mit dem Begriff des „Akzeptanzimperativs“, den er von der Kirche einfordert, auf den Punkt.
Wir leben nur in der Welt, in der wir tatsächlich leben. Das ist zu akzeptieren. So bringt es der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher mit dem Begriff des „Akzeptanzimperativs“, den er von der Kirche einfordert, auf den Punkt. Was so selbstverständlich und einleuchtend klingt, scheint für die Kirche immer noch eine große Herausforderung zu sein. So groß, dass man derzeit fürchten muss, dass sie daran zu zerbrechen droht.
Will Kirche für die Menschen von heute da sein und wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, muss sie konsequent akzeptieren, dass die Menschen selbst entscheiden, was für sie von Relevanz ist, was sie tun und lassen. Es gilt endlich Abschied zu nehmen von einer Pastoralmacht, die den Menschen vorschreibt, wie sie zu leben haben.
Die Diskrepanz zwischen der Lebenswelt der Menschen und kirchlicher Lehre ist mittlerweile so groß, dass dies zu kognitiven Dissonanzen führt, unter denen viele engagierte Christinnen und Christen leiden. In vielen Gesprächen erlebe ich, wie sie gerade in diesen Tagen damit ringen, ob sie in der Kirche bleiben oder aus ihr weggehen sollen, weil sie diese Diskrepanzen nicht mehr aushalten. Hier wünsche ich mir von den Verantwortungsträgern mehr Mut, in der Nachfolge Jesu die Menschen, ihre Wünsche und Sehnsüchte vor jedem starren Lehrgebäude in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen den Himmel offenzuhalten.
Zu akzeptieren, was ist, ist die Voraussetzung, um etwas ändern zu können. Solange wir etwas leugnen, der Situation oder Krise nicht ins Auge sehen, sie nicht wahrhaben wollen, können wir auch nicht lernen, damit umzugehen.
Dies gilt für die Kirche und Gesellschaft genauso, wie für jede und jeden Einzelnen. Das bedeutet nicht, sich fatalistisch einer Situation oder Sache zu ergeben, weil es einfach so ist. Sondern es meint, die Realität erst einmal so wahrzunehmen, wie sie ist und nicht wie ich sie mir wünsche. Das ist nicht allein ein rationaler Prozess, sondern geht oft mit Wut und Trauer, dem Abschiednehmen von Gewohntem einher. Im Gang durch das „Tal der Tränen“ wächst aber oft die Bereitschaft, sich Neuem zuzuwenden.
Resiliente Menschen und Organisationen, die dies gelernt haben, sind besser in der Lage, sich dem Wandel zu stellen. Akzeptanz ist dabei noch nicht die Lösung, aber eine wichtige Voraussetzung zur Lösung eines Problems.
Wie geht das konkret? Hier gilt es, zuallererst die eigene Wahrnehmung zuschärfen, den Phänomenen auf den Grund zu gehen, genau hinzuschauen. Das heißt aber auch, sich selbst in diesem Kontext wahr und ernst zu nehmen. Was kann ich in dieser Situation tun? Was kann ich tatsächlich ändern? Hier gilt es mit Weisheit zu unterscheiden, was ich annehmen muss, da ich es nicht verändern kann, und wo ich den Mut zum Handeln brauche. Auf unserer Website finden Sie dazu Anregungen und Impulse für Sie ganz persönlich (mehr lesen).
Kraft, Ruhe und Beistand in Situationen, die es durchzustehen gilt und Mut für Veränderung, wo immer sie möglich ist, wünsche ich Ihnen für die kommende Woche der Fastenzeit.
Ihre Claudia Pfrang